Ahrpromenade – ein Gespräch mit R. van Ooyen – BUND

Das Gespräch mit Reinhart van Ooyen – Kreisvorsitzender BUND – soll die Bürger informieren und zu einer Versachlichung der aktuellen Diskussion führen.

Bäume in der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler sind Ausdruck für Lebensqualität. Sie prägen den Charakter, das Bild der Ahrpromenade. Ebenso wichtig sind ihre ökologischen Funktionen und ihre Bedeutung für das Stadtklima.

Bietet die Stadt ihren Bäumen die richtigen Lebensbedingungen? Stadtbäume sind belastet durch versiegelte und verdichtete Böden, Nährstoffarmut und Wassermangel, Anfahrschäden durch Autoverkehr und Verletzungen bei Baumaßnahmen, Streusalzen und Hundeurin.

Die aktuellen Protestaktionen zeigen die große Bedeutung, die besonders diese Bäume für viele Menschen dieser Stadt haben. Neben ihrem oft eindrucksvollen Erscheinungsbild ist ihr praktischer Nutzen für uns Menschen enorm: Sie spenden Schatten, befeuchten und reinigen die Luft und versorgen sie mit Sauerstoff. Bäume und Hecken garantieren ein besseres Mikroklima in den Städten – sie können die Temperatur in ihrer unmittelbaren Umgebung um mehrere Grad senken. Zudem sind Bäume wichtige Lebensräume und Brutstätten für zahlreiche Tiere, insbesondere Vögel. Vor allem ältere Bäume bieten wegen ihres hohen Anteils an Totholz vielen Insekten Nahrung, da jeder Zersetzungsgrad ein eigenes Habitat darstellt.

Was empfinden Sie, wenn Sie die Aussagen der Antragsteller lesen – Eine teilweise Verjüngung ist nicht zuletzt aus ästhetischen Gründen nicht mehr vertretbar. Die Bäume sind halt nicht heterogen.

Man kann es nur so beschreiben – der gestellte Antrag der gGmbH ist eine gezielte Aufforderung an die Verwaltung zur Ausstellung eines Blanko-Scheck’s zur Fällung des Baumbestandes. Gesetzlich vorgeschriebene Gutachten – Baum- oder FFH oder die artenschutzrechtliche Prüfung wurden den Ausschussmitgliedern nicht präsentiert.

Schon im Oktober 2015 wurde im Ortsbeirat Bad Neuenahr die Baumfällung an der Ahrpromenade aufgrund von Verkehrssicherungsmaßnahmen thematisiert. Anerkannte Baumsachverständige müssen ein Gutachten erstellen, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um die Gefahrensituation abzuwenden. Fällungen wurden bislang nicht durchgeführt.

Die einseitige Betrachtung der Bäume nur unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit ohne Betrachtung der artenschutzrechtlichen Aspekte, die der Baum als Lebensraum bietet, ist juristisch nicht haltbar. Die Notwendigkeit von Gefahrenabwehr und der Schutzstatus der im jeweiligen Baum lebenden Organismen müssen gleichberechtigt gesehen werden. Die Abwägung und Entscheidung hierzu trifft aber nicht der Baumpfleger vor Ort oder die Kommunalpolitik, sondern grundsätzlich die zuständige Naturschutzbehörde. Im optimalen Fall wird der Baum als Lebensstätte geschützter Arten erhalten und trotzdem die Verkehrssicherheit hergestellt wird. Als streng geschützte Arten sind im naheliegenden Kurpark nachgewiesen: Zwergfledermaus, Rauhhautfledermaus und der Große Abendsegler, sowie der Grünspecht und Pirol, Verdacht auf streng geschützte altholzbewohnende Käferarten: Hirschkäfer, Heldbock und Eremit. Deshalb ist unverständlich, dass nichts über die zwingend notwendige artenschutzrechtliche Untersuchung den Ausschussmitgliedern mitgeteilt wurde.

Rodung Lindenstraße /  – ist es ein emotionales Thema, was gerade mal hochkocht, oder geht es um mehr?

Die LGS gGmbH stellt einen Antrag zur Rodung von fast 200 Bäumen. Nun wird argumentiert, es ist ja bisher nicht passiert. Das ist falsch – die Geschäftsführung der gGmbH oder die Stadtverwaltung hätte den Ausschuss über die Ergebnisse des Baumgutachten sowie der artenschutzrechtlichen Untersuchung informieren müssen. Sofern diese noch nicht vorliegen, zumindest darüber, dass diese beauftragt sind und was das Fehlen der Unterlagen für die Planung für Konsequenzen hat. Dankenswerter Weise hat der Ausschuss die Ausführungen nur zur Kenntnis genommen und weitere Informationen eingefordert.

Wie ist die rechtliche Situation beim Hochwasserschutz – der Lindenstraße mit ihren Bäumen wird eine Deichfunktion zugeschrieben. Man spricht von der Deichkante im FFH Schutzgebiet (Fauna, Flora, Habitat – Erhalt der biologischen Vielfalt). Welche Auswirkung hätte ein Entfernen dieser Bäume bei Hochwasser?

Der Fußweg gilt als Deichkante – Veränderungen an der Lindenstraße sind an sehr enge Vorschriften gebunden. Aktuell liegen keine Informationen vor, ob eine wasserschutzrechtliche Prüfung bei der ADD Süd eingefordert wurde.

Im Schatten der Diskussion um die Ahrpromenade war man an anderen Stellen nicht untätig und hat kranke, ggf. störende Bäume entsorgt. War das rechtens?

Das kann nur im Einzelfall beurteilen, eine pauschale Kritik wäre hier nicht angebracht. Gesunde Stadt – Gesundes Leben. Im Vorwort der Bewerbung steht – „Im Einklang mit der Natur“ bedeutet aber auch die Herausforderungen unserer modern wirtschaftenden Gesellschaft zu gestalten: dafür steht die erste klimaneutrale Gartenschau in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Wenn diese Ziele erreicht werden sollen, sind Ersatzmaßnahmen notwendig. Um es mal bildlich auszudrücken – eine hundertjährige Eiche bietet 150.000 Blätter mit 1.200 qm Blattoberfläche und einem Kronenvolumen von 4.000 cbm auf. Wer dieses Kronenvolumen erreichen will, muss zum Ausgleich dieses Baumes „100“ 10-jährige Eichen pflanzen.

Die „Antragsteller“ scheinen aktuell untergetaucht zu sein. Können Sie sich eine Begehung mit Fachleuten und interessieren Bürgen vorstellen, um sie zu informieren und Ihnen die Angst zu nehmen?

Das würde sicherlich zur Aufklärung und zur Verbesserung des Klimas beitragen. Es erscheint ratsam, das diskutierte Baumgutachten und die artenschutzrechtliche Untersuchung abzuwarten. Mit diesen Informationen ist eine Transparenz möglich und der Bürger kann und sollte unter fachmännischer Leitung „mitgenommen“ werden.

Ein Konzept zur Entfernung der Bäume liegt vor. Kennen Sie ein Konzept zu den Bäumen die neu gepflanzt werden sollen? Ist es zu früh zu sagen, auf welchen Kompromiss die Neugestaltung der Ahrpromenaden hinauslaufen kann?

Nein – ein neues Konzept kenne ich bislang nicht. Solange seitens der Verwaltung oder der gGmbH keine verändere Vorlage zur Gestaltung der „Ahrpromenade“ präsentiert wird, ist der erste Stepp nicht abgeschlossen.

Erst in der Folge ist daran zu denken, wie eine Ergänzungsaufforstung aussehen kann. Dem Thema Biodiversität (biologische Vielfalt) – ein junger Begriff für etwas sehr Altes – für die natürliche Vielfalt der Öko-Systeme wird eine besondere Bedeutung zukommen. Eine Durchmischung von Bäumen ist widerstandsfähiger gegen äußere Einflüsse als Monokulturen.

Ihr Fazit

Was nützt das Insektenförderprogramm des Kreises (“Artenreiche Wiese”), wenn aus Gründen der Optik diesen in den städtischen Alleen die Lebensgrundlage weitestgehend entzogen wird?

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Foto: Ralf Barth

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